Am Dienstag, 20. Oktober 2015, empfing die JU Laupheim im bis auf den letzten Platz gefüllten Kaminzimmer des Gartenheims den Mann für Öffentlichkeitsarbeit und Wirtschaftsförderung des Biberacher Landratsamtes als Referenten zum derzeit omnipräsenten Thema Flüchtlinge.
Zu Beginn stellt Herr Schwarzendorfer einige Fakten mittels Vortrag und einer Handreichung den interessierten Zuhörern über die aktuellen Flüchtlingszahlen, dem Verfahren der Asylgewährung, der Unterbringung in den Landeserstaufnahmestellen, der Gemeinschaftsunterbringung und der Anschlussunterbrinung in den Gemeinden zur Verfügung.
Der Landkreis Biberach rechnet bis Ende dieses Jahres mit weiteren 1100 Flüchtlingen und hätte damit dieses Jahre bereits knapp über 2000 Flüchtlinge aufgenommen, wobei für alle bereits Plätze zur Verfügung stehen und es auch nicht geplant sei, Turnhallen zu belegen. Weiter werden im Haushalt des Landkreises für kommendes Jahr 40 neue Stellen rund um die Flüchtlingsthematik eingeplant. Bereits heute seien 86 Mitarbeiter des Landratsamtes in irgendeiner Weise in dieser Thematik involviert.
Hilfreich war auch die Information über die Asylverfahren: Wird ein Flüchtling den Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises untergebracht, so erfolgt deren Versorgung und Sozialbetreuung durch die untere Aufnahmebehörde bis zum Abschluss des Asylverfahrens oder max. 24 Monate. Fällt dieses Verfahren negativ aus, kann der Flüchtling abgeschoben werden oder wird meist wegen fehlenden Durchsetzungswillens der aktuellen Landesregierung geduldet und in die Kommunen gebracht, die je nach Einwohneranteil Plätze zur Verfügung stellen müssen. Bei einem positiven Bescheid erhält der Flüchtling einen Aufenthaltstitel und darf sich seinen Wohnort selbst suchen. Das Landratsamt geht jedoch bei der aktuellen Verteilung der Flüchtlinge nach Herkunftsländern mit einer Bleibewahrscheinlichkeit von 70{641ee034a82826bff8c96bf7c29fe601dec5f236cd407ae035854e41673ebdc3} aus.
Zu den Sozialleistungen: Ein alleinstehender Flüchtling erhält im Monat 326€ für die Aufbringung seines Lebensunterhalts. Dies sei für das Landratsamt wesentlich einfacher zu verwalten als dass man sich noch um die Beschaffung und Verteilung von Sachleistungen kümmern müsste. Auch sei die Einführung der Gesundheitskarte eine wesentlich Erleichterung weil bisher ein Flüchtling vom Amtsarzt des Biberacher Landratsamtes untersucht werden musste um dann zum Facharzt weitervermittelt werden zu können. Die Fahrt zum und vom Arzt muss das LRA auch noch organisieren.
Die Fragerunde danach war im Vergleich zu ähnlichen Veranstaltungen der vergangenen Zeit sehr sachlich geprägt und sehr gut besetzt.
Es standen Fragen zur Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Bundesländer nach dem Königssteiner Schlüssel zur Debatte, der bewirke, dass in Ballungszentren noch mehr Menschen wohnen werden und die bewilligten Flüchtlinge um den bereits jetzt schon knappen Wohnraum mit Ansässigen buhlen werden.
Thomas Dörflinger, der CDU-Kandidat für die kommenden Landtagswahl stellt bei Wohnraumeigentümern eine Goldgräberstimmung fest um aus abgewohnten Immobilien und der Unterbringungsnot der Behörden Kapital schlagen zu können. Dem entgegnete Bernd Schwarzendorder, dass das LRA bisher nur zu ortsüblichen Mieten angemietet habe und dies auch weiterhin tun werde. Die 30€ pro Person und Tag gebe es zwar aber nur in manchen bayerischen Landkreisen, die die Unterbringung der Flüchtlinge komplett an Dienstleister abgeben und dies entsprechend entlohnt würde. Dazu gehöre dann aber das Komplettpaket aus Wohnen, Essen, Hausmeister etc. Weiter lenkte Dörflinger den Blick auf die kommende Zeit und der Integration der Flüchtlinge. Dass hierbei alle Teilnehmer der Gesellschaft von Vereinen, den Kindergärten, den Nachbarn und vielen anderen gefordert sei, sei ein Teil der Lösung des Integrationsproblems.
Zudem sieht Thomas Dörflinger es problematisch, wenn für die Genehmigung von neuen Flüchtlingsheimen die Landesbauordnung quasi außer Kraft gesetzt werden würde und private Bauherren die grün-rote Novellierung dieses Gesetzes strikt einzuhalten hätten. Dies würde zu Unmut in der Bevölkerung führen zu zweierlei Auslegung des gleichen Gesetzes führen.
Eine weitere Frage aus der Zuhörerschaft zielte auf die bisherige finanzielle Belastung des Landkreises ab und wie in den kommenden Jahren damit umzugehen ist. Schwarzendorfer erklärte, dass der Landkreis vom Land pro zugewiesenen Flüchtling bisher 13.000€ bekommen hat und damit sehr gut hingekommen sei. Jedoch sei dieses Modell der Finanzierung auf dem Prüfstand weil die Kreise im Neckarraum damit schon lange nicht mehr klar kommen würden (Neues Modell: Spitzabrechnung)
Franz Romer stellte fest, dass Abschiebungen sofort passieren müssten, wenn kein Asylgrund vorliege damit der Platz und die finanziellen Ressourcen auch den wirklich Asyl suchenden zukommen könne – außerdem bewirke eine ewige Duldung den Effekt, dass bei einer geplanten Abschiebung die Nachbarn, Kindergartengruppen und Schulklassen auf die Barrikaden gehen würden weil die Durchsetzung von Recht dann auf einmal an bekannten Gesichtern geschehen würde.
Eine Frage zum Schluss, die den Focus auf die bessere Integration der Flüchtlinge abzielte: Warum würden die Flüchtlinge nicht in der Fläche verteilt. Zum Beispiel eine syrische Familie in Achstetten, die nächste in Walpertshofen usw. Dann wäre der Zwang, Deutsch zu lernen, viel größer als in Unterkünften mit 80 und mehr Plätzen. Herr Schwarzendorfer nahm diese Gedanken mit aber verwies auf die schwierige Umsetzung. Es sei eben doch einfacher, fünf statt 25 Immobilien und Heime zu verwalten.
Text: Matthias Führle